Das mittelalterliche Weltbild geriet im 15. Jahrhundert ins Wanken, seit der venezianische Kaufmann Marco Polo in China war, Heinrich der Seefahrer die Küste Afrikas bis zum Äquator erforschen ließ, Vasco da Gama 1497 Indien erreichte und der Genuese Christoph Columbus für Spanien Westindien bzw. Amerika entdeckte. Kepler, Kopernikus und Galilei waren die Großen am Fernrohr und wiesen der Naturwissenschaft neue Wege. Die Erforschung der Natur und der Lebensvorgänge in ihr lösten das mittelalterliche, auf das Jenseits ausgerichtete Denken ab, der Humanismus die Scholastik. Unterstützt wurden die neuen Geistesrichtungen durch die Erfindung des Buchdruckes.
Auch die Kunst wurde zum Ausdruck dieser Zeit. Die Wiedergabe der Natur im Landschaftsbild und Stilleben, die Verherrlichung des Menschen in der Porträtmalerei und Plastik, die Darstellung des Göttlichen im Natürlichen im Altarbild, das durch die Bestimmungen des Konzils von Trient (1545 – 1563) beeinflusst wurde, sind Schöpfungen einer neuen Geisteshaltung. Die Baukunst orientierte sich an der Formenwelt der alten Griechen und Römer und übernahm sie. So erlebte das Altertum eine vielseitige geistige Auferstehung, eine Renaissance, die von Italien ausging, wo die Gotik nie so recht heimisch geworden war.
Während sich um die Mitte des 15. Jahrhunderts die neuen Ideen und Bauformen in Oberitalien durchgesetzt hatten und angewandt wurden, baute man ein halbes Jahrhundert später in den Alpenländern immer noch gotisch.
Zur selben Zeit hatte man im Osten unserer Heimat andere Sorgen. Osmanische Truppen saßen in Ungarn und fielen seit 1471 ins Land. Ein Festungssystem von der Adria bis zu den Karpaten sollte das Reich vor Einfällen schützen. Die große Aufgabe der Landesverteidigung war bereits 1532 begonnen worden, aber erst unter dem 1545 in die Steiermark berufenen Festungsbaumeister Domenico dell‘ Allio aus Lugano am Comosee wurde sie nach seinen großzügigen Plänen durchgeführt. Die Städte wie Graz, Fürstenfeld, Radkersburg, usw. bekamen Sternschanzen, Basteien und befestigte Toranlagen.
Als nach dem Tode Kaiser Ferdinands I. durch die Erbteilung Erzherzog Karl II. für die innerösterreichischen Länder Graz als Residenz wählte, erwachte von neuem eine reiche Bautätigkeit, die auch auf das Land ausstrahlte. Der Hof, die Landstände und die Gegenreformation waren die treibenden Kräfte, die zu Neu- und Umbauten in Stadt und Land drängten. Überall wurden Allios Verwandte und Bauleute mit Aufträgen bedacht. Sie knüpften an den Bau des Landhauses an, setzten mächtige Vierkanter in die Landschaft und verwendeten die Formenwelt ihrer Oberitalienischen Heimat. Sie brachten auch neue Techniken wie den Kratzputz oder Sgraffito und den Stuck.
In Weiz entstand eines der frühesten Schlösser der Renaissance. Otto VI. von Radmannsdorf erbaute einen neuen Familiensitz, nachdem die an der heutigen Waldgasse gelegene Burg baufällig geworden war. Er war wie sein Vater im Ausschuß des steirischen Landtages und Kriegsrat der steirischen Landschaft. Von 1569 bis 1571 stieg er zum Vicedom auf und war damit nach dem Landesfürsten an höchster Stelle. Diese hohe Stellung ließ ihn einen repräsentativen Bau aufführen. Leider ist uns kein genaues Bild seiner ursprünglichen Form erhalten. Wir sind auf Beschreibungen angewiesen. Heute besteht das Schloß Radmannsdorf aus einem dreigeschossigen rechtwinkeligen Hauptbau mit übereckgestellten Fassadentürmen. An der Vorderfront ist ein quadratischer Torturm vorgesetzt, an dessen nordwestlicher Ecke ein Flankenturm anschließt. Auf der Rückseite wird ein kleiner Hof von einem hakenförmigen zweigeschossigen Zubau mit noch erkennbaren Bogengängen eingeschlossen. Zu ebener Erde befanden sich Küche, Keller, Kerker und Schloßwartwohnung. Im 1. Stock war im Vorsaal ein großer, steinener Kamin, der heute im Steinsaal des Grazer Landhauses eingemauert ist. Im Obergeschoß befand sich ebenfalls ein gleicher Kamin, ferner der Rittersaal und vier Wohnräume. Die Bauausstattung gehörte zum Schönsten, was damals in der Steiermark geschaffen wurde und verrät eine hohe Wohnkultur. Die von einem italienischen Steinmetz ausgeführten dreiachsigen Rundbogenfenster sind im Detail reicher gestaltet, als die zur selben Zeit in Graz unter dell‘ Allio entstandenen Landhausfenster. Zwei davon sind noch in Weiz, die übrigen kamen ins Landesmuseum Joanneum nach Graz. Auch zwei Portalumrahmungen der Türen fallen durch die Gliederung und Ornamentik als gute Arbeiten auf. Die Vertäfelung des Rittersaales, sie schöne Kassettendecke und die zwei prächtigen Holzportale mit Säulen, Gebälken und Adikulen, 1564 von zwei deutschen Meistern ausgeführt, können im „Weizersaal“ des Joanneums bewundert werden.
Zum Schloss gehörte ein großer Garten mit Laubengängen, Blumenbeeten und Springbrunnen. In seine Architektur wurde der kleine, achteckige Wehrturm an der Nordostecke einbezogen. Der im erhöhten Stockwerk gelegene Raum wurde mit Wandmalereien ausgeschmückt, die sich wirksam in die Vorstellung eines gepflegten Renaissancegartens einfügen. Ein mit Vogeldarstellungen phantasievoll belebtes, zierliches aus Urnen in ein schirmartiges Gewölbe aufsteigendes Rankenwerk ist hier Träger von Medaillons mit Nymphendarstellungen und wird von einer größeren Darstellung der Jagdgöttin Diana bekrönt. In einer mit Rollwerk versehenen Kartusche ist noch das Wappen der Radmannsdorfer erkennbar.
Auch der bürgerliche Wohnbau erhielt in Weiz im 16. Jahrhundert neue Impulse. Das alte Rathaus, durch Umbauten heute seines ursprünglichen Charakters beraubt, besitzt in seinem Erker ein gekoppeltes Rundbogenfenster. Es wird kunstgeschichtlich als wertvolles Merkmal und als gute Arbeit nach Reiseskizzen bezeichnet.
Als typischer Comaskenbau, aber doch den Grundformen des bodenständigen Bauernhauses nahestehend, kann das Haus Hauptplatz 17, Ecke Marburgerstraße, bezeichnet werden. Die strenge Schlosseinheit des Mauerbaues mit kleinen, sehr geschickt verteilten Fenstern mit steinernen Rahmungen und Gesimsen, ferner das schöne Rundbogentor und der aus dem Boden entwickelte, turmartige Erker sind für den italienischen Baumeister typisch.
Diesem Baukörper ähnlich, jedoch baulich schon stark verändert, mit Runderker und gleichgestaltetem Eingangstor ist das Haus Hauptplatz 20. Wenn man den Plan des Denkmalamtes betrachtet, findet man noch weitere Bauten aus der Renaissance in Weiz eingetragen, die aber alle ihren ursprünglichen Charakter durch Umbauten und spätere Fassadengestaltung mehr oder minder verloren haben. Er bezeugt aber eine rege Bautätigkeit im 16. Jahrhundert.
Ein weiterer herrschaftlicher Renaissancebau entstand 1585 im Schloß Thannhausen, das nach seinem Erbauer Konrad, Freiherr von Thannhausen auf Oberfladnitz und Auffen benannt wird. Er war Erbland-Jägermeister in Steyr, Erbtruchseß des Erzstiftes Salzburg, Rat und Kämmerer des Landesherren Erzherzog Karls von Ästerreich. Das repräsentative Schloß mit seinem romantisch schönen Arkadenhof ist ein typisches Werk steirischer Schloßbaukunst.
Die zweigeschossige Kapelle des Schlosses Thannhausen birgt den einzigen frühbarocken, doch noch ganz der Renaissance zuzuordnenden Altar im Weizer Raum aus dem Jahre 1606. Hinter einem einfachen Tabernakel erhebt sich ein in Blau und Gold gehaltener Aufbau mit von zwei auf Sockeln gestellten Halbsäulen, die das Altarbild der hl. Maria Magdalena von der Hand des Holländers Cornelis van Ketel (1548 in Gouda geboren, 1616 in Amsterdam gestorben) vorzüglich umrahmen. Jedem Besucher der Andachtsstätte fällt ferner das große Familienbild auf, das Otto VIII. von Radmannsdorf, seine Frau Anna Barbara, geborene Auersberg, und seine Kinder Albanus, Ester und Anna Susanna in der Tracht des 16. Jahrhunderts betend vor einem Kreuz darstellt. Das Bild stammt aus dem Schloß Radmannsdorf und ist ein Kulturdokument seiner Entstehungszeit. Auf beide zeitbezogene Kostbarkeiten wurde deshalb hier besonders hingewiesen.
Auch die Burg Gutenberg erfuhr ab 1567 einen Umbau im Sinne der Renaissance zum Schloß. Es kam zu einem viergeschossigen Gebäude von annähernd fünfeckigem Grundriß. Dabei versah man die Nordseite gegen den Hof zu mit einem feingliedrigen, zweigeschossigen Arkadenbau. In den Wohnräumen befinden sich einige steinerne Türrahmungen und eine bemalte Kassettendecke.
Das Schloß Münichhofen ist ein zweigeschossiger Rechteckbau um einen Innenhof, der mit den Turmbauten an den vier Ecken den seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts bei uns gebräuchlichen wehrhaften Schloßbautypus entspricht.
Vorzügliche Steinmetzarbeiten der Sepulkral- oder Grabplastik aus dem 16. Jahrhundert birgt die Pfarrkirche auf dem Weizberg. Erwähnt seien ein Grabstein, den Hans von Stubenberg auf Gutenberg – obister Erbschenk in Steyr – für sich und seiner Vorfahren Gedächtnis 1565 hatte errichten lassen, wie die Grabplatte der Apollonia von Radmannsdorf aus dem Hause Kosiak, die am „letzten Tag Juny Im 1525 Jar“ gestorben war und der viergeschossige Epitaph aus weißem Marmor für Konrad, Freiherren von Thannhausen, der 1601 verstarb.
(1907-2001) war Weizer und Lehrer aus Leidenschaft.
Besonderes Anliegen war ihm immer, wie er es nannte – ein volksbildnerisches Bestreben, auf die geschichtliche Vergangenheit unserer Heimat hinzuweisen.
In diesem Sinne werden hier auch seine Texte veröffentlicht, dass sie auch in Zukunft einer breiten Öffentlichkeit zugänglich werden, bzw. bleiben. Die Texte sind bis auf kleine Korrekturen in der Rechtschreibung unverändert gegenüber den Originaltexten. D.h. es kann sein, dass sie auch vom Stil her etwas antiquiert wirken.