Eine besondere Kostbarkeit der im Landesarchiv verwahrten Archivalien von Weiz stellt das aus Pergamentblättern bestehende und mit anhängendem Siegel versehene GEMAINES MARCKHTS WEITZ MARCKH BUECH dar, das am 30. Dezember 1665 Wolf, Herr von Stubenberg, den Bürgern des Marktes gegeben hatte. Dieses interessante Dokument enthält den Wortlaut des Kaufbriefes der Brüder Stubenberg aus dem Jahre 1288 als Nachweis ihrer Rechtshoheit über die Herrschaft Gutenberg und den Markt Weiz. Ferner sind die Privilegien enthalten, die Kaiser und Könige als Landesfürsten der Bürgerschaft verliehen hatten. Aber auch die Grundherrschaft gewährte den Bewohnern viele Freiheiten und Rechte. Freilich waren damit auch mannigfaltige Pflichten verbunden.
Das genannte Marktbuch, es ist das jüngste der drei vorhandenen Marktbücher, enthält erstmals eine Forderung der Grundherrschaft, die sich auf die Errichtung einer Schule im Markte bezog. Es heißt darin: Jetzt und allezeit soll die gesamte Bürgerschaft einen tauglichen beschworenen Marktschreiber halten, welcher neben seiner Schreibarbeit auch die Jugend des Marktes im Lesen, Schreiben und Raiten (Rechnen) unverdrossen und ohne Schlag belehren und unterweisen, auch zu guter Zucht und Ehrbarkeit in und außer der Schul füglich halten soll.
Zu seiner Wohnung soll es haben die Schulstube im Rathaus samt der Kammer, Kuchel und Keller; er soll den Rathausgarten zu seinem Gefallen zu genießen und zu gebrauchen Macht haben. Ferner soll ihm die Bürgerschaft jährlich in barem Geld 10 Gulden geben und noch dazu reichen zwei Klafter Brennholz aus dem Gemeindewald.
Endlich soll ihm von einem jeden bürgerlichen Kind, das die Schule besucht, quantemberlich (vierteljährlich) in barem Geld ein Schulgeld gereicht werden. Lernt das Kind das Lesen der Druckschrift, zahlt es zwei Kreutzer, lernt es auch die Schreibschrift, hat es drei Kreutzer und für das Erlernen des Rechnens vier Kreutzer zu entrichten.
Mit dieser Anordnung hat die Herrschaft Gutenberg den Grundstein zur Errichtung einer Schule im Markt neben der seit dem Mittelalter schon bestehenden Pfarrschule auf dem Weizberg gelegt.
Die Bürgerschaft scheint es jedoch mit der Bestellung eines Marktschreibers und Schulmeisters nicht eiligt gehabt zu haben. Bisher verfaßte der jeweilige gewählte Marktrichter selbst die Protokolle und anfallenden Schreibarbeiten. Des Lesens und Schreibens Kundige unterrichteten als „Winkelschulmeister“ gegen ein kleines Entgelt die Kinder des Marktes. So ist es verständlich, wenn erst nach zehn Jahren, am 18. März 1675, Richter und Rat auf Grund seines Bewerbungsschreibens Peter Pichler als Marktschreiber und ersten Schulmeister an der Marktschule im heutigen „Alten Rathaus“ (Ecke Klammstraße und Rathausgasse) angestellt hatten.
Pichler hatte sicher keinen leichten Anfang. Es begann ein eifersüchtiges Werben um die Gunst der Bürger und ihrer Kinder zwischen dem von der Bürgerschaft ordnungsgemäß bestellten Schulmeister und den Winkelschullehrern Hans Tschiepl und Adam Wallner. Da es zu dieser Zeit weder eine Schulbesuchspflicht noch einen Schulsprengel gab, schickten die Eltern ihre Kinder zum „Lehrer des Vertrauens“. Dieses scheint sich Pichler nie erworben zu haben. Aus den Marktprotokollen ist zu entnehmen, daß die Bürger trotz der Beschwerden des Marktschulmeisters ihre Kinder weiter in die Winkelschulen schickten. Es entstanden Konflikte unangenehmster Art zwischen Pichler einerseits und den Winkelschullehrern andererseits, in die sich auch ihre Frauen einmischten, die in Tätlichkeiten ausarteten und schließlich „in der Kaichen“ (Arrest) endeten. Es wurde Peter Pichler vom Rate nahegelegt, wenn er glaube, bei der „Bestallung“ nicht verbleiben zu können, seine bürgerliche Wohnstätte, die er vom Schneider Jakob Kurzenberger erworben hatte, wieder zu verkaufen und den Dienst aufzusagen, was er auch am 15. Juli 1679 tat.
Nach einer mehrjährigen Pause, im Jahre 1682, scheint in den Archivalien wieder ein Schulmeister an der Marktschule auf. Es war Mathies Klaminger, dem ein Jahr später Hans Hoffmann folgte. 1685 war Adam Hackfuetter Marktschreiber und Schulmeister in Weiz.
Durch die siegreich geführten Feldzüge gegen die Türken nach dem Entsatz von Wien im Jahre 1683 wurden die örtlich angelegten Befestigungen um Kirchen und Orte überflüssig. 1687 begann man auch die Wehranlagen des Tabors um die Thomaskirche abzutragen und an ihre Stelle unter dem Marktrichter Adam Fintz gegen den Marktplatz zu das heutige Taborhaus zu errichten, das im Jahre 1689 fertig gestellt war. In dieses übersiedelte vom Rathaus die Marktschule.
Das Schulmeisteramt war nun mit dem Dienst an der Taborkirche verbunden. Damit änderte sich auch die Einkommenslage. Als Schulmeister bezog er vierteljährlich von den die Schule besuchenden Kindern das Schulgeld und einen bescheidenen Sold aus der Gemeindekasse, als Mesner hatte er Einkünfte aus dem Kirchendienst mit Sondervergütungen für das „Wetterläuten“ und das „Uhraufziehen“; dazu kam die Getreidesammlung, die später teilweise in Geld abgelöst wurde. Als Wohnraum hatte er das Zimmer rechts vom Toreingang des Taborgebäudes. Das Schulzimmer befand sich ebenerdig links gegen den Hauptplatz zu.
Im Jahre 1770 unterrichtete Georg Pilz, gewesener Schulmeister zu Puch an der Taborschule, wie die Marktschule nun allgemein genannt wurde. Nach einem Jahr hatte er wieder seinen Dienst aufgesagt. Sein Nachfolger war Johannes Gebhard. Über ihn berichtet das Marktprotokoll wenig erfreuliches, einerseits klagte der Schulmeister, daß die Kinder „ander orthen in die Schul gehen“ und ihm dadurch das Schulgeld entgehe, andererseits gab es Beschwerden der Eltern, daß die Kinder in der Marktschule nichts lernen. Dem Schulmeister wurde schließlich vom Marktrichter eine bessere Besoldung zugesagt, dafür habe er mehr Fleiß beim „Instruieren der Kinder“, im Kirchendienst und beim Wetterläuten aufzuwenden, wie er dies bei seiner Bestellung über dem Gerichtsstab gelobt habe. Von 1729 bis 1731 war das Schulmeisteramt noch einmal mit dem Marktschreiberamt verbunden. Johann Adam Jenewein war Marktschreiber, Schulmeister und Mesner.
Bis zur Regierungszeit Kaiserin Maria Theresias bestand im allgemeinen kein besonderes behördliches Interesse am niedrigen Schulwesen und an einer vertieften Bildung der breiten Bevölkerungsschichten. Das Theresianische Schulpatent vom 6. Dezember 1774 schuf Wandel. Es ordnete die Errichtung von Schuldistrikten und von Trivialschulen in Städten, Märkten und an den Pfarren an, ferner die Schulpflicht für die Jugend vom 6. bis zum vollendeten 12. Lebensjahr. Ferner wurde auch der Grund für die Lehrerausbildung gelegt und damit für einen neuen Berufsstand. Die Schulaufsicht lag in den Händen der Kirche, daneben war die Bestellung örtlicher, weltlicher Schulaufseher vorgesehen, denen die Überwachung und Förderung des örtlichen Schulbesuches oblag.
Ein Visitationsbericht aus dem Jahre 1781 vermittelt einen Einblick in die Verhältnisse an der Schule im Markt. Er weist 40 schulbesuchende Kinder aus, davon waren 21 Buchstabierer und 19 Leser. An Armenbücher waren vorhanden: 8 ABC-Täflein, 12 Namenbüchlein für die Buchstabierer, 9 Rechenbüchlein, 12 Lesebücher 1. Teil, 12 Evangelia und Kleine Katechismen. Da der schlechte Schulbesuch nicht befriedigte, von 186 schulfähigen Kindern besuchten im Jahre 1785 nur 43 die Schule, wurde der saumselige Marktschreiber Franz Maresch als örtlicher Schulaufseher abgesetzt und der vormalige Marktrichter Sebastian Lang bestellt. Eine vom Lehrer und Mesner Georg Klausner am 31. Dezember 1806 dem Schuldisdriktsaufseher vorgelegte Liste über die ihm zustehende, aber nicht gegebene Getreide- und Geldsammlung von 1793 bis 1805 in der Höhe von 53 Metzen und 2 Maß Korn und 104 Gulden widerspiegeln auch das geringe Interesse der Bevölkerung an der Schule.
An den Pfarr- und den Gemeindeschulen mit ihren Sommer- und Winterkursen war seit dem Jahre 1806 an Sonntagen ein „Wiederholungsunterricht“ für die 12 bis 15 Jährigen eingeführt, im Gegensatz zur „Werktagsschule“ nun „Sonntagsschule“ genannt. Der Unterricht dauerte in der Regel nur zwei Stunden und war insbesonders für die Lehrjugend aller Handwerke verpflichtend; ohne ihren Besuch gab es keinen Freispruch. Die Sonntagsschule wurde somit zur Vorläuferin der späteren gewerblichen und landwirtschaftlichen Fortbildungs- und nachfolgenden Berufsschule.
An der Marktschule am Tabor wurde der Sonntagsunterricht von 1 bis 1/2 3 uhr Nachmittag gehalten. Ein Schulkatalog aus dem Jahre 1810 weist 48 Lehrlinge aus folgenden Handwerken aus: 1 Chyrurg (wurde damals zum Handwerk gezählt), 1 Brauer, 3 Hafner, 2 Fleischhauer, 1 Glaser, 1 Krämer, 2 Lebzelter, 1 Lederer, 1 Maurer, 3 Müller, 1 Rauchfangkehrer, 1 Saliterer (Pulvererzeuger), 1 Sattler, 2 Schlosser, 6 Hackenschmiede, 1 Hufschmied, 2 Nagelschmiede, 1 Bohrerschmied, 2 Schneider, 6 Schumacher, 3 Sailer, 2 Tischler, 1 Uhrmacher und 3 Weber.
Das allmähliche Ansteigen der Schülerzahlen erforderte mehr Schulraum. 1825 wurde der Antrag um die Errichtung eines zweiten Klassenzimmers gestellt. Doch ließ der Bau noch lange auf sich warten. Erst im Jahre 1833 wurde hofseitig ein Klassenraum und darüber eine Wohnung bestehend aus Küche und zwei Zimmer für den Lehrer bzw. Oberlehrer errichtet. Der zweite Lehrer, der Unterlehrer oder Schulgehilfe, bezog als Mesner das Wohnzimmer am Tor und wurde um 14 Kreutzer täglich vom Lehrer verköstigt.
Die Marktschule war anfänglich nur für die Marktkinder gedacht. Nach der Errichtung eines zweiten Unterrichtsraumes wurden im Jahre 1837 die Gemeinden Göttelsberg, Hafning, Steinberg, Ober- und Untergreith, ferner sechs Häuser aus der Gemeinde Mortansch eingeschult. Als Schulerhalter trat an die Stelle der alten Patronats- oder Schutzherrschaft im Jahre 1864 der Schulkonkurrenz-Ausschuß der eingeschulten Gemeinden. Dieser setzte sich für die Marktschule aus folgenden Mitgliedern zusammen: Carl Breymesser, Obmann des Ausschusses, Vitus Pircher, Obmann der Bürgerschaft, Johann Weber, Ortsschulaufseher, Anton Tödling, Lehrer, Organist und Mesner am Tabor, Vinzenz Grngg, Bürgermeister, und die Gemeindevorsteher Johann Schaffler, Johann Staber und Anton Macher. Schuldistriktsaufseher war Kreisdechant Josef Safner. Ein Protokoll stellte fest, daß die Marktschule im Jahre 1868 von 115 schulpflichtigen Kindern besucht werde; ihre Unterbringung in den zwei vorhandenen Klassenzimmern mit 13 bzw. 18 Schulbänken sei ausreichend.
Das Jahr 1869 brachte das Reichsvolksschulgesetz und eine völlige Neuordnung des Schulwesens. Die bisherigen Pfarr- und Gemeindeschulen wurden in allgemeine Volksschulen mit achtjähriger Schulpflicht vom 6. bis zum vollendeten 14. Lebensjahr umgewandelt. Das Schuljahr begann zu Ostern und wurde von den Hauptferien während der Monate September und Oktober unterbrochen. Bauernkindern wurde ab dem 12. Lebensjahr die „Sommerbefreiung“ von Ostern bis Allerheiligen gewährt. Die Schulerhaltung übernahm der Ortsschulrat, die Schulaufsicht der Staat.
Die Erweiterung der Schulpflicht und die neue Schulsprengeleinteilung brachten der Marktschule erhöhte Schülerzahlen. Die Schulräume am Tabor reichten nicht mehr aus. Die Schule wurde in das gemeindeeigene Schloß Radmannsdorf verlegt und ab dem Jahre 1870 als „Vierklassige gemischte Volksschule Weiz“ geführt. Damit schließt ein Kapitel Weizer Schulgeschichte.
(1907-2001) war Weizer und Lehrer aus Leidenschaft.
Besonderes Anliegen war ihm immer, wie er es nannte – ein volksbildnerisches Bestreben, auf die geschichtliche Vergangenheit unserer Heimat hinzuweisen.
In diesem Sinne werden hier auch seine Texte veröffentlicht, dass sie auch in Zukunft einer breiten Öffentlichkeit zugänglich werden, bzw. bleiben. Die Texte sind bis auf kleine Korrekturen in der Rechtschreibung unverändert gegenüber den Originaltexten. D.h. es kann sein, dass sie auch vom Stil her etwas antiquiert wirken.