Radmannsdorf - Weizersaal im Joanneum

1770 entstand die Gemeinde Weiz

Als der Hochfreie Liutold von St. Dionysen-Waldstein um 1185 die Burg Gutenberg auf einem durch die Raab gesicherten Felsen als neuen Herrschaftssitz gebaut hatte, löste er seine Burg Weiz, das alte Castrum Wides auf und verteilte das zur Burg gehörige Herrenland und die Meierhofgründe. Die auf diesen Teilfluren entstandenen Siedlungen erfuhren in den folgenden Jahrhunderten sowohl nach ihrer Struktur, wie nach ihrem Erscheinungsbild manche Änderungen.

Der bürgerliche Markt, dem bei der Gründung nur eine bescheidene Flur zugedacht war, konnte sich ausdehnungsmäßig kaum entfalten. Die Hofstätten und die Einwohnerzahlen blieben durch ein halbes Jahrtausend fast unverändert. Das bauliche Erscheinungsbild jedoch, machte durch den Wohlstand seiner Bürger manche zeitbedingte Entwicklung durch. Die alte romanische Marktkirche mit ihrem hochmittelalterlichen Freskenschmuck erhielt durch den Zubau eines gotischen Chorraumes eine Erweiterung und zur Türkenkriegszeit jene Befestigungen, die sie zur Taborkirche werden ließen. Mit der Errichtung der Wehranlagen leistete die Bürgerschaft einen Beitrag zur Landesverteidigung, der von Kaiser Ferdinand 1560 mit der verbrieften Wappenverleihung bedankt wurde. Das Rathaus mit schönem Renaissancefenster im Erker und Fassaden von Bürgerhäusern um den Marktplatz verraten das Wirken oder den Einfluß italienischer Bauleute im 16. und 17. Jahrhundert. Allmählich verschwanden die Holzbauten mit ihren schmalen, dem Platz zugewandten Giebeln und wurden durch Ziegelbauten ersetzt. Am Seitenarm des Weizbaches liefen betriebsam die Mühlsteine in den bürgerlchen oder Herrschaftlichen Mühlen, pochten die Stempel der Stampfen und sangen die Stahlblätter durch die Baumstämme in den Sägen. Am Wasser hatten auch die Loh- und Weißgerber ihre Arbeitsstätten. Ein Fresko am Hause Lederergasse 1, eine Gesellentaufe der Gerber darstellend, erinnert, dass Weiz Sitz mehrerer Zünfte und Bruderschaften war, von denen auch das gesellschaftliche wie religiöse Leben im Markte mitbestimmt wurde. Gefürstete Jahrmärkte sorgten für einen regen Warenaustausch zu den ortsansässigen Handelsleuten und Krämern. Für das im Weistum und in den kaiserlichen und königlichen Privilegien verankerte Rechtsleben sorgten verantwortlich Richter und Rat der Bürgerschaft.

An die Marktflur grenzten im Norden die Meierhofgründe der Burg Radmannsdorf. Die Burg selbst bestand aus einem Bergfried in der Mitte einer quadratischen Gesamtanlage, umgeben von einem Wohngebäude und drei Wirtschaftsbauten, die wiederum mit Wehrmauern und Türmen verbunden waren. Der Meierhof und die zugehörigen Gründe waren schon früh auf den Leopoldhof und den Schreihansenhof geteilt worden.

Am Weizbach unter der Burg lag die Herrschaftsmühle. Hier pochten unweit der Mühle bereits seit 1425 Schmiedehämmer. 1435 saß hier ein Leonhard am Hammer, dessen Betrieb zur Klingen- und Schwertschmiede der Krottendorfer wurde und zur Zet der Türkenkriege von den steirischen Landständen mit Aufträgen bestens beschäftigt war. Aus kleinen Anfängen entwickelte sich eine beachtliche Hammerwerkssiedlung. Klingen, Hacken, Werkzeuge und Sicheln der angesehenen Hammerwerke Mosdorfer halfen mit, Weiz später in aller Welt bekannt zu machen. Heute noch erinnern die alten Herrenhäuser, Hammerhäuser und Kohlenbarren an die betriebsame Hammerherrenzeit vergangener Jahrhunderte.

Östlich der Marktflur am linken Weizbachufer lag das im 12. Jahrhundert planmäßig angelegte und aus zehn Bauernwirtschaften (Huben) bestandene Dorf Ratensdorf oder Radmannsdorf. Es wurde jedoch 1390 nicht mehr nach seinem Gründer Ratkiso genannt, sondern hatte einfach die Bezeichnung „In der Weiz beim Markt“. Die Untertanen schienen auch bald als Weizer Bauern auf. Es waren dies die Besitzungen vlg. Gsuller, vgl Liegler, vgl Schaffler, vlg. Flach, vlg. Kapfensteiner und vgl. Buchgraber. Die auf die Wirtschaften aufgeteilten und in Gewanne unterteilten Feldblöcke waren Langäcker, Brunnfeld, Hungerfeld, Spitaläcker, Stockäcker und die Okra. An der Straße nach Birkfeld lagen das von der Bürgerschaft 1564 erbaute Bürgerspital und der Bürgerfriedhof.

Als das Geschlecht der Radmannsdorfer allmählich zu Ansehen und Wohlstand gekommen und zu den höchsten Stellen im Lande aufgestiegen war, wurden die mittelalterliche und bereits zum Teil baufällig gewordene Burg und die Mühle aufgegeben und im Dorfe Radmannsdorf nach dem Auflassen zweier Huben am Weizbach ab 1555 von Otto von Radmannsdorf ein Schloß als neuer Herrschaftssitz gebaut. Er zählte zu den schönsten Adelssitzender Frührenaissance in der Steiermark.

Noch heute zeugen die schönen Türportale, die gekoppelten Rundbogenfenster, der prachtvolle „Weizer Saal“ mit Türaufbauten und der Kassettendecke im Joanneum wie der Steinkamin im Grazer Landhaus von edelste, bodenständiger Renaissance. Der große Schloßgarten mit deinen weitläufigen Anlagen war mit Mauern und Türmen umfangen. Gegen den Weizberg lagen die Hoffelder.

Radmannsdorf - Weizersaal im Joanneum
Radmannsdorf – Weizersaal im Joanneum, alte Aufnahme

Mit Christoph II. erlosch der Mannesstamm der Radmannsdorfer. Nach Erbstreitigkeiten ging der Besitz 1623 an der Jesuitenkolleg in Leoben über, dem es bis zur Auflösung des Ordens 1773 verblieb. In diese Zeit fällt auch der Abverkauf der zum Schloß gehörigen Hofmühle im Jahre 1697 an den Weizer Bürger und Bäcker Georg Größ, heute die Pichler Mühle.

Südlich der alten Marktflur auf dem von Liutold der Kirche gestifteten Grund entstanden die Mühle des Pfarrers vom Weizberg und darunter ein Hammer, dem der Zeugschmied Khempfnagel und seine Nachfolger seit dem 16. Jahrhundert betrieben. Dem Wasser abwärts folgend pochten die Hämmer der Rohr-, Nagel-, und Hackenschmiede. Aber auch auf dem Herrschaftsgund von Gutenberg entstanden Eisen verarbeitende Werke. Im Erlach unter Weiz war ebenfalls ein Hammerbezirk mit Herrenhäusern und Werksbauten entstanden.

Als urkundlich älteste und erstgenannte Siedlung von Weiz dürfen wir den Weizberg ansprechen, wenn auch ihr egentlicher Beginn geschichtlich nicht faßbar erscheint. Die älteste Urkunde berichtet von der Versetzung des Priesters Ortolf durch den Erzbischof Konrad anläßlich der Gründung des Stiftes Seckau 1140 als Seelsorger hierher. Das Aussehen der Ursprungskirche ist unbekannt. Nach einem Relief an der doppelarmigen Aufgangsstiege zur Kirche kann angenommen werden, dass die Vorgängerin der heutigen Barockkirche eine romanische Kirche mit eingezogenem Chorquadrat war, die zur Zeit der Gotik durch An- und Umbauten erweitert wurde. Ein barocker Helm bekrönte den polygonal erhöhten Turm. Um die Kirche lag der Friedhof mit einer St. Michaelskapelle, die wohl der Karner gewesen sein mag.

Die ursprünglich bescheidene Ausstattung der Kirche mit zwei Hofstätten auf dem Weizberg und einer Mühle am Weizbach wurde im Laufe der Zeit duch Stiftungen vermehrt. 1591 hatte der Pfarrer bereits drei Hofstätten auf dem Weizberg, daneben bestanden ein Mesnerhaus und die Pfarrschule, die 1462 in einer Stiftung bedacht wurde.

Seit dem Jahre 1636 war Weizberg Sitz eines Dekanates, von 1690 bis 1784 waren die Dechante Erzpriester über den Neustätter Disdrikt in Niederösterreich.
Das heutige spätbarocke Gotteshaus, das in der kurzen Zeit der zwei Jahre 1757 und 1758 im Rohbau entstand, zeugt nicht nur von der baumeisterlichen Kunst Josef Huebers und vom geistigen Konzept seines genialen Auftraggebers, Dechant und Erzpriester Dr. Paul Hieronimus Schmutz, sondern auch vom glücklichen Zusammenwirken des Hofkammermalers Josef Adam von Mölk und der Bildhauer Veit Königer und Jakob Payer zu einem harmonischen Gleichklang von Architektur, Plastik und Malerei.

Mit dem Kirchenbau im 18. Jahrhundert erhielten auch die übrigen Bauten der Kirchensiedlung auf dem Weizberg ihr harmonisches Aussehen einer in sich geschlossenen Einheit.

Kaiserin Maria Theresia führte bald nach ihrem Regierungsantritt die ersten einschneidenden Reformen in der Verwaltung durch. 1748 wurde das Land in Kreise mit Kreisämtern eingeteilt und die alte Vierteleinteilung aufgehoben. Weiz kam aus dem Vorauer Viertel zum Grazer Kreis. Die für Weiz bedeutsamste Reform war die Errichtung der Wehrbezirke mit ihren Konskriptionsgemeinden, aus denen die josefinischen Steuergemeinden hervorgingen, die zur französischen Zeit als Katastralgemeinden übernommen und 1849 als politische Gemeinden konstituiert wurden.

Anläßlich der Häusernummerierung bei der Bildung der Konskriptionsgemeinde Weiz wurden die alte Marktflur mit den magistratlichen Gründen Berthal, Pilzäcker, Brand und Meierhof Bränd, ferner das einstige Herrenland zur Burg Radmannsdorf mit den Hämmern im Weidach, das Schloß Radmannsdorf und die „Weizer Bauern“ mit ihren Gründen der Weizberg, der seit 1218 dem Bischof von Seckau gehörte, wie die Hämmer und die Mühle im Erlach im Süden des Marktes, zinsbar verschiedenen Grundherrschaften, zu einer Einheit zusammengefaßt. Im Jahre 1770 trat das neue Weiz zum ersten Mal in Erscheinung. Es war das Geburtsjahr des heutigen Weiz.

Dieses neue Weiz, dessen Kern die alte Marktflur blieb, hatte durch die Eingemeindung beträchtlich an Umfang und Bevölkerung gewonnen. Der Markt hatte noch 1761 nur 72 Familien und 292 Einwohner, nach der Vereinigung der verschiedenen Vorsiedlungen im Jahre 1785 153 Häuser und 986 Einwohner. Der Grundstein für eine Weiterentwicklung war gelegt.

(1907-2001) war Weizer und Lehrer aus Leidenschaft.
Besonderes Anliegen war ihm immer, wie er es nannte – ein volksbildnerisches Bestreben, auf die geschichtliche Vergangenheit unserer Heimat hinzuweisen.

In diesem Sinne werden hier auch seine Texte veröffentlicht, dass sie auch in Zukunft einer breiten Öffentlichkeit zugänglich werden, bzw. bleiben. Die Texte sind bis auf kleine Korrekturen in der Rechtschreibung unverändert gegenüber den Originaltexten. D.h. es kann sein, dass sie auch vom Stil her etwas antiquiert wirken.

2 Kommentare

  1. wie entstand bzw.woher stammt der Name „HUNGERFELD“ für das Areal zwischen Wegscheide, Hamerlinggasse, Krottendorfgasse

    1. Hungerfeld könnte ein Hinweis auf die damalige Bodenbeschaffenheit sein.
      „Wer ein Hungerfeld oder ein Gspött bewirtschaftet hat, dem fiel es oft schwer, den Lebensunterhaltzu finden.“
      Dieser Satz findet sich in folgender Diplomarbeit

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