Die Gründung des Marktes Weiz

Zu Beginn der Kolonisation nach dem Jahre 1122 grenzten im Weizer Raum die Herrschaftsbereiche der Erzbischöfe von Salzburg mit dem der Hochfreien von St. Dionysen-Waldstein vom Fuße des Weizberges bis zum Hühnerberg unmittelbar aneinander. In der Schenkungsurkunde vom Jahre 1152, in der die Burg Weiz oder das Castrum Wides ausdrücklich genannt wurde, scheint auch der ritterliche Gefolgsmann der Waldsteiner Ratkiso auf, der einen wesentlichen Anteil an der Verwaltung und Rodung hier geleistet zu haben scheint. Auf ihn geht, wie nach dem Namen zu schließen ist, die Gründung des 10 Huben oder bäuerliche Wirtschaften umfassenden Dorfes Radmannsdorf am linken Weizbachufer zurück. Es muß also eine Abtretung der Gründe der Burg Weiz östlich des Baches zu Gunsten der Dorfgründung erfolgt sein, denn fortan bildete die Weiz bis zur Einmündung des Radmannsdorfbaches die Grenze der Meierhofflur der Burg Weiz und der Dorfflur. Luitold von Stubenberg wird als Grundherr seinem Gefolgsmann für die zur Rodungszeit geleisteten treuen Dienste auch die Möglichkeit gegeben haben, sich am rechten Weizbachufer einen ritterlichen Familiensitz zu errichten. In der Folge entstanden nach der Aufteilung der Meierhofgründe zur Burg Weiz in der heutigen Waldgasse die Burg Radmannsdorf, darunter der zugehörige Meierhof und am Weizbach die Hofmühle zur Burg.

Als die tochter des Hochfreien Luitold von Gutenberg in das Benediktinerinnenstift Göß eintrat, scheint sie Burg und Dorf Radmannsdorf als Aussteuer dem Kloster eingebracht zu haben. Beide Burg und Dorf, scheinen später urkundlich als Gösser Lehen auf.

Als die große Rodungs- und Kolonisationsarbeit im wesentlichen vollzogen und abgeschlossen war, aus dem Osten neue Einfälle in das Reich drohten, entschloss man sich, die alten herrschaftlichen Rodungszentren, die den ersten Bedürfnissen der Frühbesiedlung entsprachen, durch starke Burgenbauten aus Stein als neue Herrschaftssitze, ausgestattetmit dem Gerichts- und Verwaltungsbann, zu ersetzten. Im salzburgerisch erzbischöflichen Rodungsblock entstand 1170 die Burg Treuenstein oder Trennstein, die den Gutshof von Oberfladnitz-Thannhausen ablöste. Der Hochfreie Liutold III. von St. Dionysen-Waldstein erbaute als Ersatz seines unzweckmäßig gewordenen Castrum Wides oder der Burg Weiz um 1185 auf einem durch die Raab gesicherten Felsen die Burg Gutenberg mit einer Kapelle, die dem Hl. Pankraz, dem Patron der Ritter, geweiht wurde. Liutold übersiedelte von Waldstein auf seinen neuen Herrschaftssitz und nannte sich fortan nach ihm.

Mit dem Auflassen der alten Burg Weiz auf dem Göttelsberg war die Zerschlagung oder Aufteilung des gesamten zur Burg gehörigen Dominikal- oder Herrenlandes zwischen Göttelsberg und Weizbach verbunden. Der zur Burg gehörige Meierhof blieb bestehen und wurde mit soviel Boden ausgestattet, dass die Ackernahrung für eine Familie gesichert war. Einen weiteren Grundstreifen am Weizbach behielt sich der Grundherr zurück. Ein Stück Land, von der alten Burgstelle bis zum Weizbach reichend, schenkte er der Kirche zu ihrer Ausstattung und Errichtung einer Mühle. Um dem „Capitulare de villis“ König Ludwigs vom Jahre 812 gerecht zu werden, gründete er zur Versorgung des weiten Rodungslandes mit Handwerkserzeugnissen und Handelsgütern auf der verhältnismäßig klein gebliebenen Restflur den Markt Weiz. Dazu kamen zur Sicherung der Ernährung der Bürger Grundstücke im Süden, die Brandäcker.
Die Marktflur reichte vom Weizbach im Osten zur Höhe des Göttelsberges. In ihr entstand der von den Giebelseiten der Häuser gebildete Marktplatz, an dessen Westseite die Marktkirche erbaut wurde. Sie ward dem Märtyrerbischof Thomas Becket geweiht, der am 29. Dezember 1170 in Dome von Canterbury bei der Vesper ermordet wurde. Rechtwinkelig setzen die Straßenzüge vom Platz an, die den Schluss zulassen, dass sich der Ort nicht aus einer dörflichen Siedlung entwickelt hat, sondern planmäßig als Markt bei Einbeziehung einer möglichen Vorsiedlung gegründet wurde.

Liutold von Gutenberg gilt somit als Gründer des Marktes Weiz und Erbauer der Marktkirche, an der er ein „jus patronatus“ mit Rechten und Pflichten hatte.
Als der dritte Kreuzzug gepredigt wurde, beschloß Liutold trotz seines Alters das Kreuz zu nehmen. Vorher übergaben er und seine Gattin Elisabeth in Gegenwart ihrer Töchter Kunigunde und Gertrud am 11. Mai dem Kloster Göß, dem einzigen Reichsstift auf österreichischem Boden, in dem ihre Tochter Ottilie Äbtissin war, das Patronatsrecht der Pfarre St. Dionysen wie das Dorf Romatschachen bei Pischelsdorf mit 16 Huben und fünf Hofstätten mit allen ihren Zugehörungen, Einfahrten und Ausfahrten, Wiesen, Weiden, Mühlen, bebaut und unbebaut wie das Bergrecht in den Weigärten zu dauerndem Recht ihrer vielgeliebten Tochter. Diese rechtshandlung vollzog sich vor 40 ritterlichen Zeugen, unter denen sich Graf Ulrich von Heunburg, Rudolf von Kindberg, Ulrich von Peggau, Dietmar von Liechtenstein, Gundkar von Steyr, Friedrich von Pettau, Otakar von Graz, Hermann von Pitten, Alber von Dunkelstein, Gerung von Stuttern und Gottfried von Landsberg befanden.

Wahrlich erlesene Delegatoren, die sich zu dieser Rechtshandlung eingefunden hatten. Die bedeutsame Urkunde schließt: „Dies geschah in der Basilika (Kirche) des heiligen Thomas des Märtyrers, gelegen im Orte, der Weiz genannt wird – Im Jahre der Menschwerdung des Herrn 1188, als Clemens den Apostolischen Stuhl innehatte, Kaiser Friedrich (Barbarossa) mit dem Kreuz Christi pilgerte, Adalbert Bischof und Otakar Herzog des Landes war“. Da unter den Zeugen kein Priester aufscheint, kann mit Sicherheit angeommen werden, dass die Kirche bereits vollendet und geweiht war. Die in lateinischer Sprache abgefasste Urkunde wird als die „Gösser Urkunde“ bezeichnet und ist durch die erstmalige Nennung von Weiz als Ort und der St. Thomaskirche für die Geschichte der Stadt Weiz von besondere Bedeutung.

Mit dieser Stiftung hat Liutold von Gutenberg seinen letzten und bedeutsamen Rechtsakt vollzogen. Dann brach er in Jahre 1189 mit Kaiser Friedrich zum Kreuzzug ins Heiligeland auf und ist wie dieser nicht mehr in die Heimat zurückgekehrt.

Die Herrschaft Gutenberg ging nach dem Tode Liutolds in der Erbfolge auf die Herren von Wildon über. Gertrud von Wildon heiratete Albero V. von Kuering auf Dürnstein, aus deren Ehe die Söhne Albero, Heinrich und Leutold hervorgingen. Letzterer verkaufte 1288 die Herrschaft Gutenberg als Erbe seiner Mutter den Brüdern Ulrich, Friedrich und Heinrich von Stubenberg um 1200 Mark letigen Silbers und „sonderlich den Markt Weiz mit allen Rechten, Ehren, Würden und Nutzen und mit allen Gerichten im Markt und außerhalb des Marktes und auch auf dem Kirchberg mit allen Marktrechten, mit Maut, mit Zoll und aller Zugehörung“. Mit dem Kauf erhielt der Markt nicht nur eine neue Grundherrschaft, es wurden ihm alte, bereits bestehende Rechte bestätigt und verbrieft.

Durch die kleine Marktflur war seit der Gründung des Marktes die Häuser- und Bürgerzahl beschränkt. Im Jahre 1403 wurden anläßlich einer Teilung des Stubenberger Besitzes alle Bürger erstmalig aufgezählt, es waren 60 Bürger, die 58 Häuser und fünf Hofstätten ihr Eigen nannten. 1542 werden 54 Bürger in 49 Häusern und 10 Hofstätten, 1602 61 Bürger auf 72 Hofstätten und 1665 67 Bürger mit 79 Hofstätten ausgewiesen. 1770 scheinen 67 Bürger auf.

Wie vielfältig und differenziert sich das Handwerk in Weiz entwickelt hatte, möge eine Aufzählung kurz dartun. Schon im Jahre 1403 sind neben herrschaftlichen auch bürgerliche Müller, Fleischer und Bäcker ausgewiesen, zu denen in späteren Aufzählungen Lebzelter und Wachszieher, Loh- und Weißgerber, Schuhmacher, Taschner, Sattler und Riemer, Weber und Leinenweber, Tuchscherer, Wollschuster, Hutmacher, Färber, Schneider und Strumpfstricker kamen. Gefäße erzeugten aus Ton vom Stinker die drei Hafner und aus Holz der Binder, der Seiler fertigte Schnüre, Leinen, Stränge Netze und Tragbänder. Seit 1602 sind Maurer, Glaserer, Zimmerleute und Drechsler im Ort. Groß ist die Differenzierung beim Metall verarbeitenden Handewerk. Neben Schmieden und ufschmieden an den wichtigen Verkehrswegen gab es den Pfannenschmied, den Bhrerschmied, den Ahlenschmied, den Klampferer und hinter dem Tabor den Kupferschmied, ferner den Schlosser und den Feilenhauer. Nicht vergessen seien Tischlerm üchenmacher, Rauchfangkehrer, Uhrmacher, Seifensieder, Bierbrauer und der Schießpulver erzeugende Salitterer. Dass es schon früh den Handelsmann und den Krämer, den Wirt und Gastgeb gab und seit der Zeit Maria Theresias Trafikanten und Lottoeinnehmer, war entwicklungsgeschichtlich bedingt.

So wurde der keine Markt seit seiner Gründung im Hochmittelalter seiner Bestimmung gemäß durch die wohlwollende Förderung seiner Grundherrschaften zu einem Handels- und handwerkilchen Versorgungszentrum für ein weites Hinterland, dem Fleiß und Tüchtigkeit seiner Bewohner einen bescheidenen Wohlstand brachten.

(1907-2001) war Weizer und Lehrer aus Leidenschaft.
Besonderes Anliegen war ihm immer, wie er es nannte – ein volksbildnerisches Bestreben, auf die geschichtliche Vergangenheit unserer Heimat hinzuweisen.

In diesem Sinne werden hier auch seine Texte veröffentlicht, dass sie auch in Zukunft einer breiten Öffentlichkeit zugänglich werden, bzw. bleiben. Die Texte sind bis auf kleine Korrekturen in der Rechtschreibung unverändert gegenüber den Originaltexten. D.h. es kann sein, dass sie auch vom Stil her etwas antiquiert wirken.

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